Ich war 14 Jahre alt und lernte im Schein einer Tischlampe, während ich mit einem Ohr dem Fernseher lauschte. Ich erinnere mich, wie mich eine Abendnachrichtensendung erstarren ließ. In den USA ereignete sich der Terroranschlag vom 11. September. Ukrainische Fernsehsender berichteten live aus New York. Vor dem Hintergrund von Rauch, Feuer und Chaos klangen die Stimmen der Journalist:innen, die im Mittelpunkt der Tragödie arbeiteten, mutig und professionell. Ich war beeindruckt, wie Menschen, die selbst in Gefahr und genauso verängstigt waren wie alle anderen, ihre Angst und Panik beiseite schieben konnten, um den Zuschauer:innen ruhig Informationen zu vermitteln. Und das so, dass selbst eine Schülerin aus einer Kleinstadt im Osten der Ukraine nicht gleichgültig blieb. Ein Jahr später begann ich, in der einzigen Zeitung meiner Stadt auszuhelfen. Seitdem blieb ich diesem Beruf treu.
Am meisten interessierten mich schon immer Menschen – ihre Träume, ihr Schicksal, ihre Motivation, Entscheidungen zu treffen, was sie zum Lächeln oder Weinen bringt. Seit Beginn des Krieges im Jahr 2014 habe ich immer weniger Zeit für tiefgehende, gründliche Projekte. Ich arbeite als Kriegsjournalistin und schreibe hauptsächlich für westliche Medien. Meistens handelt es sich um Berichte von der Front – über die Folgen von Beschuss, Besatzung und Befreiung, Kriegsverbrechen, Geschichten von Kindern, die durch Minen verletzt wurden, und die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus dem Kriegsgebiet.