Rückkehr der ukrainischen Soldat:innen aus russischer Gefangenschaft Foto: Natalia Nahorna
Aber in jeder Geschichte suchen wir nach etwas, das uns trotz allem Hoffnung gibt. Ein bisschen Hoffnung wenigstens.
Gefechtsdienst eines Schützentrupps, Richtung Orichiw Foto: Yulia Zinkovska, 117. mechanisierte Brigade
Sonderkorrespondentin von TSN. Geboren in Petrowo-Krasnosilja, Region Luhansk (seit 2014 besetzt). Lebt und arbeitet in Kyjiw. Bei ihrer Arbeit für das nationale Fernsehen berichtet Natalia über die gesellschaftlich brisanten Ereignisse der jüngsten Geschichte der Ukraine – den Euromaidan, die Annexion der Krim, die ATO, die Operation der vereinten Kräfte und die russische Vollinvasion.
Einziger
Artikel
Kooperation mit Nataliia
Dieser Krieg ist genauso schmutzig wie der Erste und Zweite Weltkrieg, wenn auch wesentlich technologisierter.
Mit 16 Jahren schien mir die Wahrheit das Wichtigste zu sein, deshalb beschloss ich, Journalistin zu werden. Ich wollte eine „objektive Journalistin” sein, aber dann wurde mir klar, dass alles, was geschieht, immer subjektiv ist. Ich lernte die Standards des Journalismus kennen, darunter Schnelligkeit, Genauigkeit der Informationsvermittlung, Vollständigkeit und so weiter. Aber der Krieg gibt dem Journalismus einen starken Impuls, und man muss nach neuen Formen und Methoden suchen und Hunderte oder sogar Tausende von Geschichten in extrem kurzer Zeit bearbeiten. Dabei ist es wichtig, dass man selbst nicht zusammenbricht. Seit 2014 sind „Menschen im Krieg” mein Hauptthema. Mich interessieren nicht so sehr die Waffen, ihre zerstörerische Kraft, die Folgen von Einschlägen und Treffern, sondern die Menschen, die sich entschieden haben, ihr Land zu verteidigen. Und auch Kinder aus zerstörten Schulen. Ältere Menschen aus zerbombten Häusern. Ärzt:innen mit einzigartigen Erfahrungen. Soldat:innen, die aus der Gefangenschaft zurückkehren. Angehörige der Getöteten. Verwundete, die neu lernen müssen zu leben. Binnenvertriebene. Es ist sehr schwer, Held:innen zu filmen und dann diese Aufnahmen in Artikeln zum Gedenken an die Gefallenen zu sehen. Es ist immer eine emotionale Belastung, Verwundete zu filmen.
Manchmal hilft das, sich anzupassen. Der Kameramann und ich haben einen Plan entwickelt, wie wir möglichst wenig Zeit an gefährlichen Orten verbringen: Wir filmen gleichzeitig und parallel, sodass wir nur halb so lange drehen müssen und weniger Zeit in Gefahr sind. Denn um sein Kamerateam sorgt man sich mehr als um sich selbst.

Aber trotz der Risiken und der enormen Schmerzen gibt es auch viel innere Kraft. Am meisten motiviert mich, dass ich keine Wahl habe. Ich weiß, dass ich genau hier leben will, und ich habe keine andere Ukraine. Deshalb muss ich hier arbeiten und leben. Und trotz allem an das Land glauben.
Heute zeige ich den Menschen nicht, wie groß und vielfältig unsere Welt ist, sondern wie groß das Leid und wie groß die Tapferkeit der Mitmenschen ist. Das Land ist im Krieg, und natürlich wurde der Traum vom Weltraum durch den Traum vom Frieden ersetzt. Seit 2014 konzentriere ich mich auf “Menschen im Krieg”. Ich interessiere mich weniger für Waffen oder ihre Folgen, sondern mehr für die Menschen, die beschlossen, sich zu verteidigen.
Natalia
Nagorna