Meine Déformation professionnelle macht sich bemerkbar: Oft empfinde ich keine Emotionen angesichts der tragischen Bilder, die ich sehe.
Einziger
Artikel
Kooperation mit Andrii
Gleichzeitig verstehe ich nicht, warum jemand anderes das tun sollte: Ich sehe jeden Tag Menschen, die arbeiten, kämpfen, ihr Leben und ihre Gesundheit riskieren und leider sterben, um frei sprechen, frei atmen und sich zu Hause und mit ihren Familien sicher fühlen zu können. Um frei in einem Land zu leben, das ihnen und ihren Kindern gehört. Ich möchte nicht, dass meine Söhne in Zukunft kämpfen müssen. Ich möchte nicht, dass mein Land zum Sklaven der “russischen Welt” wird. Und ich möchte mich nicht in Europa, Amerika oder anderswo verstecken. Dies ist mein Land.
Evakuierung der Zivilbevölkerung aus Irpin. Beginn der Vollinvasion. 2022 Foto: Andriy Dubchak
Und das ist wahrscheinlich gut so. Auch meine Einstellung zum Risiko veränderte sich stark. Wenn ich die nächste Reportage plane, frage ich mich immer: “Wofür soll ich da hinfahren? Was für Aufnahmen werde ich machen? Was wird das bewirken? Ist das Risiko es wert?
Es fällt mir schwer, dem Burnout zu widerstehen... Drei Jahre Vollinvasion – täglich Tote, Hunderte von Einschlägen, Hunderte von Leichen,
Damals tötete eine der Minen, die von der russischen Armee abgefeuert wurden, eine ganze Familie: die Mutter Tetiana und ihre Kinder, den 18-jährigen Mykyta und die 9-jährige Alisa. Es ist schwer zu beschreiben, wie man sich fühlt, wenn man sieht, wie die Haut eines Kindes vor den eigenen Augen gelb wird und Blut aus seinem Mund fließt. Wenn seine Augen glasig werden und man begreift, dass es tot ist. Sie wurden nur deshalb getötet, weil sie wie andere Zivilist:innen versuchten, vor den Beschüssen und dem Tod zu fliehen, den die Armada russischer Einheiten mit sich brachte. Es fiel mir schwer, meine Angst zu überwinden und zwei Tage später zu dieser Brücke zurückzukehren. Aber ich zwang mich dazu. Und diese Fotos und Videos gingen um die Welt und zeigten das wahre Gesicht der “russischen Welt” und ihrer imperialen Bestrebungen. Es war eines der ersten von Journalist:innen dokumentierten Kriegsverbrechen Russlands. Dann kamen Irpin, Bucha und Dutzende andere.
Seit 2003 arbeitete ich in der IT-Abteilung der ukrainischen Redaktion von Radio Free Europe/Radio Liberty. 2013 wurde ich der erste Streamer der Revolution der Würde, dann begann Russland den Krieg gegen mein Land. Seit 2014 fotografiere ich, dann begann ich zu schreiben und Videos zu drehen. Ein Jahr später fuhr ich als Kriegsreporter an die Front. Aber ich habe nie davon geträumt, sondern der Krieg kam einfach ohne Vorwarnung in mein Land, in mein Zuhause.
Seit 2003 arbeitete ich in der IT-Abteilung der ukrainischen Redaktion von Radio Free Europe/Radio Liberty. 2013 wurde ich der erste Streamer der Revolution der Würde, dann begann Russland den Krieg gegen mein Land. Seit 2014 fotografiere ich, dann begann ich zu schreiben und Videos zu drehen. Ein Jahr später fuhr ich als Kriegsreporter an die Front. Aber ich habe nie davon geträumt, sondern der Krieg kam einfach ohne Vorwarnung in mein Land, in mein Zuhause.

Im Jahr 2020 bekam ich das Gefühl, dass der Krieg in den ukrainischen Medien fast nicht mehr thematisiert wurde. Deshalb gründete ich Frontliner.

Seit Beginn der Vollinvasion sind Kriegsverbrechen der russischen Armee das zentrale Thema unserer Berichterstattung. Flüchtlinge aus der Kampfzone – Kinder, Frauen, ältere Menschen. Tod. Durch Kugeln, Minen, „Grad“-Raketen, Luftangriffe, Raketenangriffe. Ich beschrieb und fotografierte Menschen und ihre Geschichten. Als Kriegsreporter machte ich einfach meine Arbeit und zeigte die Realität, wie sie ist. Das ist meine Aufgabe. Am schwierigsten war es, an den Berichten über die zerstörte Romanivska-Brücke zu arbeiten.
Der Krieg, der ohne Unterbrechung weitergeht, zwingt mich, seine grausame Realität zu dokumentieren und mich auf die menschlichen Opfer zu konzentrieren, statt auf das Alltagsleben, das ich einst festhalten wollte.
Gründer und Chefredakteur des Medienunternehmens Frontliner. Geboren in Kalynivka (Region Winnyzja). Lebt und arbeitet in Kyjiw.
Der bekannte Dokumentarfotograf Andriy Dubchak, dessen Arbeiten von BBC, The New York Times und The Washington Post veröffentlicht wurden, gründete 2021 das zweisprachige Medienunternehmen Frontliner. Seine Mission: russische Kriegsverbrechen zu dokumentieren und über die Ereignisse im Donbas und in den befreiten Gebieten zu berichten. Andriy arbeitet weiterhin viel Zeit an der Front und in den Frontgebieten als Fotograf und Kriegsreporter.
Andriy
Dubchak